Sonntag, 26. April 2015

Thilo Bode´s Abrechnung: Die Freihandelslüge*

Das erste Mal wurde ich auf das Thema TTIP vor der letzten Europawahl aufmerksam, denn ich fand einen Flyer mit der Aufschrift "Wählen Sie die Katze im Sack?" Seitdem sind einige Monate ins Land gegangen und Thilo Bode´s Buch Die Freihandelslüge ist herausgekommen. Auf rund 230 Seiten trägt der Autor viele Fakten zusammen, gibt einen zeitlichen Abriss und rechnet mit unverschämten Politikern und Verhandlern ab.

TTIP greift in so fast jeden Bereich unseres Lebens ein, ob Umweltschutz, Landwirtschaft, Arbeitsrecht, Gesundheitswesen, Patent- und Datenschutz, Lebensmittel und Chemikalien, Energiegewinnung oder in den Bankensektor. Daher sollte sich jeder mit dem Thema einmal genauer befassen.








Bereits im Vorwort stellt Bode klar, was TTIP für ihn ist: "Konzerninteressesn in Gesetze zu gießen, die durch einen völkerrechtlichen verbindlichen TTIP-Vertrag besser abgesichert wären als jedes französische, dänische, US-amerikanische oder deutsche Gesetz."


"Politik kann man in diesem Lande definieren als die Durchsetzung wirtschaftlicher 
Zwecke mit Hilfe der Gesetzgebung."

Kurt Tucholsky

Das Verhalten der Politiker in Sachen TTIP ist für Bode schlicht weg nur arrogant und überheblich. So schreibt er über Sigmar Gabriel, der die Annahme von 470 000 Unterschriften gegen TTIP verweigerte: "Ein Vizekanzler und SPD-Chef darf keine Zeit haben. Was er aber nicht darf: 470 000 Menschen für dumm verkaufen." An Merkel lässt er auch kein gutes Haar: "Die rhetorisch sonst so unambitionierte Bundeskanzlerin mahnte im martialischem Ton, ihre Partei werde TTIP gegen alle Widerstände durchkämpfen ... ." Oft werden TTIP Gegner als "diffuse Angstmacher" dargestellt, aber genauso wird den Menschen in unserem Land Angst gemacht, wenn TTIP nicht komme, würden "viele hunderttausend Menschen in Deutschland ihren Job verlieren" und der Exportnation eine "mittlere Katastrophe" drohen. Dabei kann es noch gar keine verlässlichen Hochrechnungen darüber geben, wie viele Arbeitsplätze geschaffen oder sogar durch TTIP gestrichen werden könnten. Nicht einmal das jährliche Wirtschaftswachstum kann präzise berechnet werden. Volkwirte überall auf dem Globus veröffentlichen einfach so viele Prognosen, dass eine davon bestimmt schon stimmen wird. Die vielen nicht eingetretenen Prognosen werden geflissentlich unter den Teppich gekehrt und verschwiegen.


Umfrage von T-online


Nicht nur in Europa regt sich gegen TTIP Widerstand auch in den USA gibt es scharfe Gegner. Zum Beispiel George Miller, der das Fast-Track-Gesetz kritisiert. Mit ihm werden die Befugnisse der US Regierung massiv ausgedehnt und die des US-Kongresses eingeschränkt. Demnach, so Bode, können die Politiker nicht mehr einzelne Vetragsinhalte diskutieren, sondern nur noch über Ja oder Nein abstimmen.

Bodes Hauptkritik an der Politik: "Das Pro-TTIP Lager bagatellisiert jeden Einwand oder es überhöht TTIP zum geostrategischen Instrument, zur Wirtschafts-NATO, als herrsche der kalte Krieg." Er fordert daher eine gründliche, ehrliche und völlig transparente Debatte. TTIP ist mehr als nur die Debatte um gleiche Standards für Autos und Maschinen oder um die Zulassung von Genmeis oder Chlorhühnchen. Gerade die völlig intransparanten Verhandlungen stellen eine Gefahr für die Demokratie dar. 

Das Buch bietet viel Input, erklärt auch das die Idee eines Freihandelsabkommens an sich nicht schlecht ist, nur das wie und worüber alles verhandelt wird, ist Besorgnis erregend. Auch wer sich noch nicht mit dem Thema befasst hat, findet durch das Buch gut ins Thema hinein, ohne Angst haben zu müssen, bestimmte Fachtermini nicht zu verstehen. Für mich bildet es einen guten Gegenpol zu den Reden unserer Politiker und unzähligen Zeitungsartikeln, die vor Oberflächlichkeit nur so strotzen. Für mich besteht Demokratie aus mehr als nur alle 4 Jahre zwei Kreuzchen auf den Wahlschein zu setzen, es bedeutet die Umwelt als mündiger Bürger mitgestalten zu dürfen und gerade das könnte mit TTIP vorbei sein. Konzerninteressen dürfen niemals über dem Wohl der Menschen stehen und die "heilige Kuh des Wachstums" auch nicht das Leitmotiv unserer Gesellschaft sein.

Fazit des Buches: "Nehmen wir uns unsere bürgerliche Freiheit und sagen Nein zu TTIP."

*Das Buch wurde mir von der Random House Verlagsgruppe zur Verfügung gestellt. 


Umfrage auf T-Online

3 Kommentare:

  1. Das Buch klingt ein bisschen nach "schwerer Kost", aber spricht ein interessantes Thema an! Ich habe mich damit noch nicht so viel beschäftigt, mal kurz davon gehört, aber nicht gewusst, dass es so umstritten ist!
    Danke für die Vorstellung! Man lernt doch nie aus!
    Gruß Jana

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  2. Hi Myriam,
    ein schöner Beitrag zum Buch, ich hab es mir vor ein paar Tagen geholt.
    Könntest du als nächstes eine Rezension zu "Gekaufte Journalisten" vom Udo Ulfkotte schreiben? Das wäre doch die logische Folge zu diesem Artikel.

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    1. Hallo,

      Ulfkottes Buch habe ich geschenkt bekommen, ich bin nur noch nicht zum Lesen gekommen. Es soll aber noch eine Rezension dazu kommen. Aus zeitlichen Gründen wirds wohl aber erst im Herbst. Bei dem Buch muss ich mehr recherchieren. Ulkotte ist umstritten, auch bei mir, er bringt zT gute Argumente, bei anderen Ansichten gehe ich nicht mit. Auf youtube gibts ein langes interessantes Interview zum Buch mit KenFM https://www.youtube.com/watch?v=bm_hWenGJKg Sehr empfehlenswert!

      LG Myriam

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