Mittwoch, 30. November 2016

2 Monate Dublin und warum ich mich wieder auf Leipzig freue

Nach 2 Monaten Dublin ist es an der Zeit eine Zwischenbilanz zu ziehen. Momentan befinde ich mich in einer seltsamen Stimmung, die ich noch nie zuvor so stark ausgeprägt hatte und daher schwer greifen bzw. erklären kann. Ich habe gleichzeitig Heimweh und bin schon etwas wehmütig, weil sich meine Zeit hier in Dublin dem Ende zu neigt. In den vergangenen Wochen habe ich viel erlebt, habe viele neue Menschen kennengelernt und bin fast in jedem Zipfel Irlands gewesen. In diesem Blogbeitrag erzähle ich euch über meine Erfahrungen in der Sprachschule und während meines *hust* Praktikums, was mir auf meiner Jobsuche alles passiert ist und welchen Menschen ich in Irland begegnet bin.

Ein Foto mit Symbolcharakter: Wohin mich wohl mein Weg führen mag ...




Warum ich nach Irland gegangen bin, habe ich in diesem Beitrag bereits erklärt. Aber hier noch einmal die Kurzfassung: Ich habe meinen Bachelor, welchen ich parallel zum Beruf studiert habe im Juli beendet und beschlossen meinen Job bei einer Versicherung an den Nagel zu hängen, um mich beruflich neu zu orientieren. In mein "neues Leben" bin ich mit einem Auslandsaufenthalt in Irland gestartet.

Nach Dublin bin ich aus 2 Gründen gegangen: 1. um meine Englischkenntnisse aufzufrischen und 2. um ein Praktikum in einer Marketing Firma zu machen. Was von den beiden Dingen geklappt hat und was ein totaler Reinfall war, erfahrt ihr später im Beitrag.


Sprachschule


Für die ersten vier Wochen hatte ich eine Sprachschule im Herzen Dublins gebucht. Am ersten Tag sind mit mir noch mindestens 40 weitere Leute angekommen. Nach einem Online Test wurden wir in die jeweiligen Sprachniveaus eingestuft. Da ich Englisch selten in meinem Alltag genutzt habe, hatte ich bereits das meiste verlernt und wurde in B1 eingestuft. Die meisten Deutschen, die gerade Abitur gemacht haben, werden direkt in C1 eingestuft, was eigentlich schon fast perfektes Englisch ist. Diese Leute besuchen die Sprachschule meistens nur für 2 Wochen und absolvieren dann ein Internship (unbezahltes Praktikum).

Meine erste Klasse bestand aus Leuten, die aus Spanien, Italien, Mexiko, Chile, Frankreich und Korea kamen. (In Korea liefert Mc Donalds übrigens in Parks.) An den Wochenenden haben wir alle zusammen die gleichen Ausflüge zum Giant's Causeway oder den Cliffs of Moher gemacht. Viele von ihnen kamen nach Dublin, um in erster Linie Englisch zu lernen. Die meisten studieren noch oder haben gerade wie ich das Studium beendet. Die meisten Deutschen sind Abiturienten und verbringen einen Teil ihres Gap Years in Dublin. Dieses "freie Jahr" zwischen dem Abitur und dem Studium scheint sich in Deutschland wie ein Lauffeuer verbreitet zu haben. Als ich vor neun Jahren mein Abitur gemacht habe, war das noch nicht so verbreitet. Meine Klassenkameraden aus Lateinamerika und Asien nutzen ihren Europaaufenthalt auch dazu, um gleich ganz Europa zu sehen. Daher ist es nicht ungewöhnlich, wenn ein Mitschüler von seinem Wochenende in Paris oder Madrid berichtet. Dank Ryanair ist das auch nicht so teuer. 

Ich mag meine Sprachschule sehr. Die Lehrer sind top motiviert und es ist wahnsinnig einfach hier Freundschaften zu schließen, um sich für den Park, einen Museumsbesuch oder dem obligatorischen Pub Besuch zu verabreden. Montags lernen wir immer neue Phrasal Verbs. Das sind Verben, die in der Umgangssprache verwendet werden und einfach für eine normale Konversation unerlässig sind. Dienstags und mittwochs lernen wir unter anderem Grammatik, haben Hörversteh-Übungen oder Gruppengespräche. Donnerstags müssen wir immer ein Essay, einen Report oder sowas schreiben. Das wird dann vom Lehrer eingesammelt und korrigiert. Am Freitag schreiben wir immer einen Test über die Grammatik und Vokabeln der vergangenen Woche. Die erreichte Punktzahl wird vom Lehrer notiert und ist wichtig, wenn man ins nächste Sprachlevel aufsteigen will. Und wir bekommen fast täglich Hausaufgaben auf. Ja richtig gehört. Hausaufgaben. Aber das ist gut, da man so das Gerlernte noch einmal wiederholen und festigen kann. Manchmal müssen wir zu Hause auch ein Essay schreiben. 

Man kann verschiedene Kurse besuchen: Allgemeines Englisch, Grammatik Klasse, Konversationskurs, Business Englisch oder einen Vorbereitungskurs für einen Sprachtest (notwendig für Visa). Ich hatte die ersten vier Wochen einen drei stündigen allgemeinen Englischkurs und anschließend für drei Wochen noch eine Grammatik Klasse und in der vierten (und vorerst letzten) Woche einen Business Englisch Kurs. 

Nach der dritten Woche bin ich vom B1 Level in B2 aufgestiegen und hatte die ersten 2 Tage mächtig mit dem höheren Niveau zu kämpfen. Die Schüler sprachen viel schneller, nutzten Wörter, die ich nicht kannte und allgemein war alles schwieriger. Aber irgendwie habe ich auch das gemeistert und ich war richtig traurig, dass nach 4 Wochen meine Sprachschule vorläufig zu Ende war. Vorläufig, weil ich mein Internship abgebrochen habe und zur Sprachschule zurück gekehrt bin. 

Nach einer Woche Praktikum und einer Woche erfolgloser Jobsuche, als Aushilfe fürs Weihnachtsgeschäft, bin ich zur Sprachschule zurückgekehrt, um mein Englisch weiterzuverbessern. Ich hatte die Wahl zwischen 6 Stunden am Tag ein Excel-Sheet auszufüllen und absolut nichts zu lernen oder weiter mein Englisch zu verbessern und diese absolut tolle Sprachschule zu besuchen.

Die Wahl fiel auf: Sprachschule. Wen wunderts. Lasst mich noch ein bisschen was über meine Sprachschule erzählen und dann schildere ich euch das Fiasko mit dem Praktikum.

Ich bin also zurück in die Sprachschule gekehrt und besuche nun wieder eine B2 Klasse (3 Stunden allgemeines Englisch). Meine Sprachfortschritte sind großartig. Täglich lerne ich neue Wörter, ich kapiere endlich wann ich welche Zeitform benutzen muss und kann endlich wieder einen englichen Text einfach so aus dem Stehgreif schreiben. Meine Freundinnen aus Frankreich haben auch große Fortschritte gemacht und nun können wir uns fast fließend auf Englisch unterhalten. Das ist so großartig. Leider sind 2 Freundinnen aus Spanien wieder in ihre Heimat zurückgekehrt, aber wir halten trotzdem noch Kontakt. 

Ich würde gern noch für die letzte Woche in C1 wechseln, um einfach auch ein C1 Zertifikat zu bekommen, aber das wird nicht klappen, da der Sprung zwischen B2 und C1 soviel größer als zwischen B1 und B2 ist. Aber erstens was sagt schon ein Label wie ein Level wirklich aus und 2. kann ich in Leipzig fleißig weiter Englisch lernen und dort ein C1 Zertifikat machen, wenn ich es dann benötigen sollte.


Meine Sprachschule


Praktikum 

 

Der Plan war, dass ich nach meinen 4 Wochen in der Sprachschule für 8 Wochen ein Praktikum in einer irischen Firma mache. Soweit so gut. Ich ging also am ersten Tag zu dem Büro einer Marketing Firma und bekam eine fünf minütige Einweisung und wusste anschließend, dass der Chef der Firma noch "old fashion" ist und bislang für alle Kunden Papierakten genutzt hat. Diese Papierakten sollte ich digitalisieren. Was nichts anderes bedeutete, als dass ich die Daten aus jeder Papierakte in ein Excel-Sheet eintragen sollte. 6 Stunden am Tag. Nichts anderes. Ich machte den Spaß 2 Tage mit. Am dritten Tag fragte ich, ob ich nicht eine andere Aufgabe bekommen könnte, da es sehr ermüdend ist. Aber es fühlte sich keiner verantwortlich und der Chef war außer Haus. Am nächsten Tag fragte ich wieder. Negativ. Im Gegensatz mir wurde gesagt, dass die Firma gerade nichts im Marketingbereich zu tun hätte und die meisten Mitarbeiter gerade nur ehemalige Kunden anrufen und fragen, ob sie wieder Kunden werden wollen. Ich war also wieder in einem Call Center gelandet. 

Ich schrieb auch meiner Agentur, sowohl in Deutschland als auch in Irland. Allerdings mit mäßigem Erfolg. Alles was sie versuchten war mich zu überreden dort länger zu bleiben. Sie würden mit dem Chef reden und ihre Sorge äußern. Nach einem Gespräch mit meiner Gastmutter und meinem Freund stand für mich fest, dass ich dieses Praktikum abbrechen werde. Erstens erzählte mir meine Gastmutter von den Erfahrungen anderer Gastschüler und dass solche Praktika in der Regel nie gut sind, nur in Ausnahmefällen - die bekanntlich die Regel bestätigen. 

Meine Gastmutter erzählte mir, dass die Vermittlungsagenturen, die man übrigens fürstlich bezahlt, keinen Einfluss auf die Unternehmen haben. Und in meiner Firma fühlte sich eh keiner zuständig. Die haben es nicht einmal geschafft eine Glühbirne zu wechseln geschweige denn Klopapier zu kaufen.  ...

Also machte ich kurzen Prozess und beendete mein Praktikum. Wahrscheinlich war es von Anfang an eine Schnapsidee in  Dublin ein Internship zu machen. Das bedeutet immer ein unbezahltes Praktikum. Generell sind Praktika nach dem Uniabschluss schon schwierig und dann noch unbezahlt. Wäre das Praktikum gut gewesen und ich hätte etwas gelernt, hätte ich es in jedem job interview verteidigen können, aber so. ...

Am besten wäre natürlich ein Praktikum bei Google oder Facebook gewesen. Aber dort ein Praktikum zu bekommen, ist sehr schwer und dazu reichten meine Englischkenntnisse nicht aus. 

Ich lernte nicht einmal Englisch, weil keiner mit mir sprach. Ich saß in diesem herunter gekommenen Büro und tippte den ganzen lieben Tag dieses beschissene Excel-Sheet. Basti bestärkte mich auch darin, dass es mir persönlich mehr bringt, wenn ich die 3 Monate nutze, um perfekt Englisch zu lernen anstatt Excel für Anfänger zu praktisieren. Im Nachhinein fühle ich mich so naiv und dumm. Warum habe ich nur hier ein Praktikum machen wollen?

Vielleicht ist es, weil ich deutsch bin und weil Deutsche gern im Ausland kostenlos arbeiten? Nee mal im Ernst. Meine Klassenkameraden aus Südamerika und Asien sind hier auch länger und viele von ihnen hatten in ihrer Heimat auch schon richtige Berufe wie ich. Sie haben sich schlicht und ergreifend einen Nebenjob gesucht. Viele arbeiten im Einzelhandel oder als Kellner. Andere Jobs sind äußerst schwer zu finden. Viele meine Mitschüler haben 2 Monate gebraucht, um einen Job zu finden und dass obwohl an jedem 2. Laden "help wanted" steht. Es wollen hier einfach so unglaublich viele Leute einen Job haben.

Ich glaube auch nicht, dass mir ein Zettel, dass ich in einer Englisch-sprachigen Firma gearbeitet habe, mehr bringt als mein Top Arbeitszeugnis von der Allianz, wo ich immerhin 7 Jahre gearbeitet habe. Ich hoffe, dass meine Auslandserfahrung allgemein zählt. *grins*

Ich glaube, hier in Dublin bin ich zum 3. Mal erwachsen geworden. Das erste Mal wurde ich erwachsen, als ich nach dem Abitur nach Leipzig gezogen bin und das zweite Mal als ich mein Studium an der Leipziger Universität abgebrochen und bei der Allianz eine Ausbildung begonnen habe. Tja und das 3. Mal hier in Dublin als ich realisierte, dass Internships Mist sind, ich mir meinen Fehler eingestand und das beste aus der Sache machte. 

Mein Rat für alle Abiturienten und Eltern: Kein Internship! Auslandsaufenthalt immer. Work & Travel: großartige Idee. Ich weiß gar nicht warum so viele deutsche Abiturienten denken, dass sie außer ein unbezahltes Praktikum im Ausland nichts finden würden. Ihr könnt mehr. Selbst wenn ihr in Deutschland im Kaufland die Regale einräumt, bekommt ihr einen Lohn. Und euer Englisch ist meistens besser als das der anderen. Man findet auch auf eigene Faust einen Job im Ausland. Sicherlich nicht so leicht von Deutschland aus. Aber wenn man 1-2 Monate die Sprachschule besucht, hat man genug Zeit um seinen Lebenslauf in Geschäften abzugeben. Was mich direkt zum nächsten Punkt führt:


Jobsuche


Unser spanischer Mitbewohner hat vermutlich 40-50 Bewerbungen in Geschäften abgegeben und online versandt. Mit Erfolg. Er hat einen Job bei ZARA als Shop Assistant gefunden. Meine Freundinnen aus Mexiko und Brasilien haben circa 2 Monate gebraucht, um hier einen Job zu finden. Für uns ist das aber um einiges einfacher, da wir uns keine Gedanken um unsere Visa Auflagen machen müssen. Man mag ja viel über die EU schimpfen und gerade geldpolitisch hat die EU riesige Fehler, aber was die Arbeitsaufnahme innerhalb der EU angeht, ist es sooo viel einfacher. Man merkt richtig die "2 Klassengesellschaft" - zwischen Leuten, die ein Visa brauchen und uns, die einfach nur ihren Pass zeigen. 

Jobangebote hängen hier oft im Schaufenster aus. Man soll entweder seinen Lebenslauf (heißt hier CV) mailen oder direkt im Shop abgeben. Ein Anschreiben wird bei Aushilfsstellen meistens nicht erwartet. Auf www.jobs.ie findet man auch viele Stellen und kann auch schon von Deutschland aus nach einer Stelle suchen. 

Viele meiner Klassenkameraden bleiben hier für 1-3 Jahre, um Englisch zu lernen und zu arbeiten. Sie kommen vorrangig aus Südamerika und brauchen die Englischkenntnisse, um in der Heimat einen gut bezahlten Job zu bekommen. Es sind auch viele Spanier, Franzosen und Italiener hier. Sie sind auch hier, weil sie sich bessere Job Chancen erhoffen. Italiener bekommen den Aufenhalt teilweise von ihrer Regierung bezahlt, habe ich gehört. Da gibt es wohl gerade ein staatliches Programm, was die hohe Jugendarbeitslosigkeit bekämpfen und sie fit fürs Arbeitsleben im Ausland machen soll. 

Irgendwie arbeiten vorrangig die deutschen im Ausland umsonst. Unnnnd das auch noch, obwohl gerade die deutschen Abiturienten fast am besten Englisch sprechen. Sie könnten also locker in Sachen Sprachkenntnisse die Spanier und Franzosen überholen. 

Ich habe meinen Lebenslauf in 6 Geschäften abgegeben, die direkt nach Weihnachtsaushilfen gesucht hatten. Bei Lush, einem Seifenladen, hatte ich ein Gruppenvorstellungsgespräch. Wer zufällig ein Lush Geschäft kennt, weiß, dass der Raum sehr limitiert ist und man nicht viel Platz hat. Ich hatte also ein job interview nach Ladenschluss mit 35! anderen. (Übrigens beim Job Casting für JD Sports sollen über 200 gekommen sein) Lush hat nach 10 weiteren Aushilfen gesucht, es war deren 3. oder 4. Jobrunde. Aber von vorne: Lush hat auf seiner Facebook Seite gepostet, dass man sich mit einem kreativen Motivationsschreiben persönlich bewerben soll. Gelesen, getan. Ich schrieb ein Anschreiben, wählte die bunteste Canva-Vorlage aus, die ich finden konnte und kam in die nächste Runde. Das Gruppengespräch bestand aus 3 Aufgaben. 1. Wir sollten an einem Kunden (anderer Bewerber) ein Shower Jelly vorführen. 2. Wir sollten einen Massage Bar nehmen und eine Handmassage geben und so viel wie möglich über unseren "Kunden" in Erfahrung bringen, um das dann der gesamten Gruppe zu erzählen. 3. Wir hatten 30 Sekunden Zeit, um ein Geschenk aus dem Regal zu fischen, was perfekt für unsere Kundin ist, die ein Geschenk für ihre Schwiegermutter sucht und dann in einer Minute beschreiben, warum das und nichts anderes das beste Geschenk ever ist. Zum Abschluss hat jeder Teilnehmer, darunter auch viele Männer, eine Badekugel geschenkt bekommen. Nette Geste! Dann wurden wir in die Nacht entlassen und ich erhielt in der nächsten Woche eine Absage. Was mir bei der Konkurrenz auch klar war. Lush Jobs sind sehr beliebt. Ihr findet dazu unzählige youtube Videos. Von den anderen 5 Unternehmen habe ich nichts gehört. 

Der Lush Job wäre mindestens 4 Stunden die Woche gewesen und man verdient 10 Euro/Stunde. Aber schon krass, dass man selbst für Aushilfsjobs ein mehrstufiges Bewerbungsverfahren durchlaufen muss. Wäre ich weitergekommen, hätte mich eine Probeschicht und ein halb stündiges Gespräch mit dem Manager erwartet. Und erst dann hätte ich vielleicht einen vier stündigen Aushilfsjob bei Lush bekommen. Absolut krass. 

Ich bin schon gespannt wie sich meine Jobsuche in Deutschland gestalten wird. Darüber werde ich dann auch hier auf dem Blog berichten. 

Viele meiner Klassenkameraden sind nach Dublin gekommen, weil sie dachten/denken, dass man hier viel Geld verdienen kann. Sicherlich die Löhne sind höher als anderswo in Europa, wahrscheinlich auch höher als in Deutschland. ABER: Hier herrscht auch ein anderes Preis-Leistungsverhältnis. ALLES, einfach alles ist hier teuer. Ausgenommen das Leitungswasser, welches man im Restaurant kostenlos bekommt. Das wars dann aber auch schon. Um eine gescheite und bezahlbare Wohnung zu finden, braucht man viel Glück und noch mehr Zeit. Um hier eine Wohnung zu bekommen, braucht man eine irische Referenz. Nicht selten geben Mitschüler ihre Gasteltern oder Lehrer im Formular für den Vermieter an. Der Vermieter kann dann bei diesen Leuten anrufen und fragt nach, was man für eine Person ist. Mehr weiß ich zum Thema Wohnungssuche nicht. Aber das reicht mir auch schon. In Leipzig ist das völlig anders. Dort gibt es mehr Wohnungen als Mieter. Jedenfalls war das 2009 so als ich das letzte Mal in Leipzig eine Wohnung gesucht habe.

Dublin oder Leipzig?


Wenn ich die Wahl zwischen Leipzig und Dublin habe, nehme ich Leipzig. Die Stadt ist günstiger, lebenswerter und ich habe dort meine Liebe und meine Freunde.

Nichtsdestotrotz genieße ich meine Zeit in Dublin. Ich reise viel umher, mache wundervolle Fotos, habe wieder nach Jahren Zeit ins Museum zu gehen oder einfach nur so durch die Straßen. 

Was ich auch von verschiedenen Leuten gehört habe, daher denke ich auch, dass da was Wahres dran ist, dass die Ärzte hier nicht so toll sind und dass die Krankenversicherung auch nicht so gut ist. Die Iren gehen erst zum Arzt, wenn sie ihren Kopf unterm Arm tragen. Jeder Besuch beim Hausarzt kostet 60 Euro. Man holt sich einfach alles was man braucht in der Apotheke, einschließlich der Grippeschutzimpfung. Antibiotika nehmen die Iren laut meiner Lehrerin aber eh nicht oder sehr, sehr selten. Zahnärzte sollen auch die Katastrophe schlechthin sein. Es ist wohl auch schwierig einen Arzt zu finden der die europäische Versicherungskarte akzeptiert. In Terenure (meinem Stadtteil) gibts einen, entsprechend lange wartet man auf einen Termin. 

Generell sind die Iren entspannter, was mir persönlich meistens gut gefällt. Aber so richtig pünktlich sind sie auch nicht. Sie sind halt relaxter. Leute von ner Insel eben. Heute hat mir bei meiner Volunteer-Stelle die andere Freiwillige erzählt, dass Ende der 1960er Jahre in Dingle, County Kerry, ein Film namens Ryans Tochter gedreht wurde. Die Gegend war zu dieser Zeit sehr arm und viele Leute fanden eine Arbeit, die mit den Dreharbeiten zu tun hatte. Es war also DAS Gesprächsthema schlechthin. Und Irland ist eine kleine Insel. Jeder kennt hier jeden. Das ist mir auch schon aufgefallen. Jeder kennt hier irgendwie jeden. Selbst ich treffe hier immer auf die gleichen Leute. Sei es im Supermarkt oder im Bus. Jedenfalls ein Bauer versperrte gerade mit seiner Kuhherde die Hauptstraße als der Hollywoodschauspieler Robert Mitchum des Weges kam. Der Schauspieler war not amused, dass er wegen der Kühe warten musste und fragte den Bauern, ob der überhaupt wisse, wer da im Auto säße. Der Bauer wusste es natürlich, sagte aber nein, weil es die Iren absolut hassen, wenn man sich für etwas besseres hält. Tja und so musste Robert Mitchum warten und warten.


Mein Fazit: 

 

All in all bin ich glücklich, dass ich für drei Monate nach Dublin gegangen bin. Ich habe mir meinen kleinen Traum erfüllt, mal etwas länger im Ausland zu leben. Vielleicht gehe ich nochmal ins Ausland für ein paar Wochen oder Monate, aber ich denke heute, dass ich immer wieder nach Leipzig zurückkehren werde. 

Keine Ahnung, ob mir diese drei Monate etwas für meinen Lebenslauf gebracht haben. Das weiß man immer erst hinterher. Aber man lebt ja nicht für seinen Lebenslauf, auch wenn einige das einem weiß machen wollen und ich in meinen schwachen Momenten auch dazu neige auf diesen Zug aufzuspringen. Wenn ich wieder in Leipzig bin, muss ich für mich die Entscheidung treffen, ob ich Karriere machen will, soll heißen, mich auf Stellen im Controlling, Finance oder wieder Versicherungsbereich bewerben soll. Vielleicht auch auf Trainee Stellen. Es gibt ganz gute Trainee Programme. Oder ob ich relaxt machen soll und nur arbeite, um Geld zu verdienen, um reisen zu können. Ich stehe momentan an einem Punkt in meinem Leben wo ich darüber ernsthaft nachdenken muss. Bislang weiß ich nur eins: Nie wieder Call Center.

5 Kommentare:

  1. hi Myrie,
    ich finde dein Bericht sehr interressant,wie du das beschreibst, was Land und Leute und deren Lebensansichten angeht. Das stimme ich dir zu, das Leipzig eine sehr schöne Stadt ist, und man gerne wieder da zurückkommt, wo man sich auch wohl fühlt und gute Freunde hat.

    Schöne Grüsse aus Münster
    Monika & Rolf

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    1. Liebe Monika,

      vielen Dank für deinen Kommentar. Leipzig ist eine schöne Stadt, aber Münster auch. Ich freue mich schon sehr mit euch wieder Weihnachten zu feiern zu können. :)

      Viele liebe Grüße an euch zwei. :)

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  2. Schade, dass das mit dem Praktikum nicht gut geklappt hat - aber da hätte ich auch in jedem Fall die Sprachschule vorgezogen.
    Als ich vor zehn Jahren in Irland war, war es in einem Punkt anders: da hat man richtig gut verdienen können, weil Irland im Vergleich zu Deutschland schon lange einen Mindestlohn hatte. Leider gab es aber auch da nicht so viele Jobs. Ich weiß noch, wie ich neben meinem Erasmusstudium manchmal im Supermarkt Promotionen gemacht habe :-D.
    Genieße die letzten Tage, bevor du wieder nach Hause fliegst!

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  3. Hallo Myriam,

    ich bin mir sicher, dass deine Dublinerfahrung auch gut für deinen Lebenslauf ist - auch wenn das natürlich nur 2.rangig ist ;)
    Wie du schon selbst sagst, bist du hier nochmal "erwachsen geworden". Ich bin absolut überzeigt, dass Reisen immer super lehrreich sind. Mal lernt man etwas über andere Kulturen und ist erstaunt was für Unterschiede es doch selbst in Dublin gibt... Mal lernt man dort Menschen aus einer ganz anderen Region (wie bei dir beispielsweise deine Schulkollegen aus Asien) kennen... Und ganz oft lernt man etwas über sich selbst. Manchmal eben leider auch, was man nicht möchte (wie bei deinem Praktikum). Aber auch das hilft einem weiter...
    Hier übrigens ein Tipp für's nächste Mal: wirklich spannend (v.A. im Bereich Marketing) werden Praktika leider oft erst ab 6 Monaten. Davor ist den Kollegen meistens der Aufwand zu groß, um sich die Zeit zu nehmen und etwas zu erklären oder ein interessantes Projekt auszuarbeiten, da du ja nach 8 Wochen wieder weg bist. In vielen Fällen erst nach 8 Wochen wirklich eingearbeitet bist.. Das ist natürlich super schade für dich, aber leider oft der Fall (auch in Deutschland).
    Drücke dir für deine weitere Jobsuche aber definitiv die Daumen!

    Viele Grüße
    Alena

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    1. Liebe Alena,

      du hast auf alle Fälle Recht, dass man in einem 6 monatigen Praktikum sicherlich mehr Verantwortung bekommt als in 8 Wochen. Aber schaffe erstmal 6 Monate ohne Bezahlung zu überleben. Das können die wenigsten. Und gerade bei so langen Praktika sollte man eine Bezahlung erhalten.

      Aber so oder so: Ich habe auf alle Fälle viel in meinen fast 3 Monaten hier gelernt. :)

      LG Myriam

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