Sonntag, 16. Januar 2022

[lost place] Barockschloss Schönwölkau in Nordsachsen

Um an einem kalten Sonntagnachmittag im Januar die warme Wohnung zu verlassen, braucht es schon einen ganz besonderen Ort, der unseren Entdeckergeist weckt und uns die Müdigkeit vergessen lässt.  Also suchten wir auf der Landkarte nach einem Ort in unserer Umgebung und fanden das alte Barockschloss in Wölkau. Nur 18 Kilometer vor den Toren Leipzigs befindet sich die größte Schlossanlage im heutigen Nordsachsen. Dabei handelt es sich um eine große barocke Vierflügelanlage, die im ausgehenden 17. Jahrhundert erbaut und im 18. Jahrhundert umgebaut wurde. Seit Ende der 1990er Jahre ist das Schloss ungenutzt, vom Verfall bedroht und kann nur von außen besichtigt werden. Ein richtiger lost place ...

Gartenfassade Schloss Wölkau


Direkt vor dem Eingang zum Schlosspark gibt es einen kostenlosen Parkplatz. Als wir aus dem warmen Auto ausstiegen, schlug uns direkt die eisig kalte Luft entgegen. Aber bereits der erste Blick auf den Ostflügel mit der Durchfahrt zum Hof und dem prachtvollen Dreiecksgiebel mit den Wappenkartuschen entzückte mich.

Blick auf den Ostflügel

Ostflügel mit Tordurchfahrt


Die reich dekorierte Gartenfassade ist der Haupteingang der Schlossanlage und besticht durch ein großes Glasfenster mit Balkon sowie durch einen Dreiecksgiebel. Ein paar Schritte weiter befindet sich auf der linken Seite die Orangerie, auch sie ist verlassen und die Fester wurden eingeschlagen. Die Westseite der Anlage ist baulich schlicht gehalten und das Dach der Wirtschaftsgebäude ist teilweise eingestützt. Am Fischteich führt ein schmaler Pfad entlang der Nordseite und hier ist es möglich durch die eingeschlagenen Fenster einen Blick ins Innere der Anlage zu erhalten. Leider ist auch hier das Dach eingestürzt und der Regen hat Schäden an der Bausubstanz angerichtet.


Gartenfassade auf der Südseite

Südflügel

Orangerie am Schloss Wölkau


An der Westseite gibt es eine Brücke, die auf einen Weg um den Teich führt. Auf diesem Pfad hatten wir eine bessere Sicht auf den Nordflügel am Wasser. Als wir am Mühlenteich in Richtung Auto liefen, sahen wir kleine Schilder an den Hausfassaden, die über die Geschichte der Häuser informierten. So gab es eine Bäckerei mit Wassermühlenrad, die in  den 1740er Jahren errichtet wurde, eine Schmiede und eine Gaststätte, die im Volksmund "Hafenkneipe" genannt wurde.

Nordflügel Schloss Wölkau

Vom Teich auf die Nordseite des Schlosses

Schmaler Pfad an der Nordseite

Blick ins Innere des Nordflügels

Westseite


Geschichte und Baustil


Seit 1350 ist an dieser Stelle ein Rittergut erwähnt, welches im Dreißigjährigen Krieg zerstört wurde.
Als der Adelige Christoph Vitzthum von Eckstädt 1685 aus dem Krieg zurückkam, ließ er sein einfaches Wohnhaus in ein prächtiges Schloss verwandeln. Auf den Schlusssteinen zweier Türen stehen die Jahreszahlen 1695 und 1703. Der Baumeister ist unbekannt, jedoch lässt der Baustil auf einen Italiener schließen. Das Barockschloss hat einen quadratischen Grundriss und besteht aus einem dreigeschossigen Mitteltrakt. Markant sind die übereinander liegenden Kolossalpilaster im Erdgeschoss.

Um das Schloss befindet sich eine große Parkanlage, die ursprünglich streng geometrisch angelegt war. An das Schloss grenzt direkt ein Teich. Der heutige Landschaftspark ist noch immer durch die alten Lindenalleen geprägt.

Zu DDR-Zeiten wurde der Südflügel zu kulturellen Zwecken genutzt und im Westflügel und der Orangerie waren Arbeiter und Angestellte untergebracht. Teile des Schlosses inkl. der Stallanlagen dienten als Sitz des Volkseigenen Gutes (VEG) Wölkau.

Gut Wölkau


2020 wurde die Schlossanlage von einem Berliner Immobilienunternehmen gekauft, welches bis frühestens 2024 umfassende Sanierungsmaßnahmen durchführen möchte, um hier eine Tagespflege mit 250 Senioren Appartements zu eröffnen. Es sollen laut Zeitungsberichten über 40 Mio. Euro investiert werden.

Anfahrt


Mit dem Auto ab Leipzig über die B2 oder die Buslinie 213 Delitzsch-Wölkau-Krostitz nehmen.

Hoffen wir, dass dieses wunderschöne Barockschloss nicht mehr lange im Dornröschenschlaf liegt, sondern bald wieder mit Leben und Lachen gefüllt wird.

Brücke an der Westseite des Schlosses


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