Sonntag, 29. Juni 2014

Reisebericht Marokko Teil 1: Fès - Eintauchen in eine andere Welt

Als ich in Fès aus dem Flugzeug ausstieg, schlug mir als erstes die heiße Luft ins Gesicht, ehe ich die Palmen und meine weitere Umgebung wahrnahm. Ich habe in noch keinem Urlaub zuvor so viel erlebt, so viel gelernt und stand vor so vielen Herausforderungen. In den folgenden Blogposts möchte ich euch über meine erste Reise auf den afrikanischen Kontinent berichten. Ich nehme euch mit nach Marokko, erzähle euch u.a. von dem Gerberviertel in Fès, vom Unwetter im Atlas Gebirge, von dem wunderschönen Sternenhimmel in der Sahara, von dem marokkanischen Nationalgericht, der Tajine, von der quirligen Stadt Marrakesch und von Essaouira, der Stadt am Atlantik.

Das Gerberviertel in Fès



Erste Eindrücke

Als wir nach einer gefühlten Ewigkeit endlich die Passkontrolle hinter uns hatten, wartete ein Fahrer auf uns. Bereits die ersten Eindrücke waren überwältigend. Vollkommenes Straßenchaos, die Autos fahren in vier Reihen in die Kreisverkehre hinein, am Rand türmen sich Müllberge, Menschen sitzen auf den Straßenbegrenzungen oder sie sitzen auf dem Boden und verkaufen Waren, die vor ihnen auf einem Teppich liegen. Plötzlich stoppt der Wagen. Wir sind da. Jetzt geht alles schnell. Ein Mitarbeiter unseres Riads wartet ebenfalls auf uns. Er schnappt sich den größten Koffer und balanciert ihn durch die engen mittelalterlichen Gassen. Er biegt nach links ab, nach rechts, geht in noch dunklere Gassen. Wir haben die Orientiertung verloren und wissen jetzt schon, den Weg hätten wir allein niemals gefunden. Ich schaue auf den Boden, um nicht zu stolpern und um meinen Koffer nicht permanent durch die Wasserrinne in der Mitte der Gasse zu ziehen. In der Medina ist es wesentlich kühler als noch am Flughafen. Ab und zu schaue ich zur Seite und erhasche so erste flüchtige Szenen. Ich sehe einen Barbier bei seiner Arbeit und andere kleine Geschäfte. Die Stadt ist weit über 1000 Jahre alt.

Der Mitarbeiter des Riads zeigt auf ein Schild auf dem ein ellenlanger Straßenname steht und meint das müssen wir uns merken. Just in diesem Moment hatten wir es bereits vergessen. Dann zeigt er zwei Abbiegungen später auf ein weiteres Schild mit der Aufschrift "Dar Tamo". Ah. Das ist unsere Unterkunft.
Wir steigen eine enge, schmale Treppe hinab und stehen plötzlich im grünen Innenhof unseres Riads. Nach einer freundlichen Begrüßung auf französisch werden uns die Zimmer gezeigt. Dafür geht es die immer höher und steiler werdene Wendeltreppe hinauf. Unsere Zimmer sind groß und haben nur Fenster zum Innenhof. Wir steigen auf die Dachterrasse und genießen bei einem kühlen Glas Wasser die Aussicht auf die Altstadt: Hausfassade an Hausfassade, Muezzinrufe und ein leichter Windhauch. In der Ferne hören wir das Hupen der Autos, Schreie und das Klappern aus der Küche. 


Blick von der Dachterrasse auf die Medina



Stadtrundgang mit Hassan

Am nächsten Morgen um 10 Uhr holte uns Hassan ab, um uns die Stadt zu zeigen. Er spricht perfekt deutsch und war sogar einmal in unserer Wahlheimat Leipzig zu Besuch. Zuerst zeigt er uns einen großen Platz, vom dem auch die kleinen roten Taxis abfahren. In einem Torbogen sitzen Männer und warten. Hassan erklärt uns, dass das Tagelöhner sind, die auf Arbeit warten. Ein Arbeitsamt wie wir es aus Deutschland kennen, gibt es in Marokko nicht. Hier sitzen die Männer, bspw. Handwerker im Café und warten bis jemand den Kellner anspricht und dieser dann Auftraggeber und Handwerker miteinander bekannt macht.
Hassan führt uns durch die engen Gassen der Altstadt, der Medina. Vorbei an Ständen mit Obst, Gemüse, Hülsenfrüchten, Fleisch, Käse, Kräutern, Tee, Fisch, Kosmetik, Handwerkskunst uvm. Vormittags sind viele Frauen unterwegs, da sie die Lebensmittel für den Tag frisch auf dem Souk kaufen. Zwischendurch müssen wir zur Seite treten, um Platz für Eselkarren zu machen. Er erklärt uns, dass die Frauen ihre alte Kleidung in die Färbergassen zum Nachfärben bringen, wenn sie nicht mehr so schön aussieht. Das ist günstiger als immer wieder neue zu kaufen. Er zeigt uns die schier unzähligen Plätze, Viertel der einzelnen Gewerke, die Gassen, die Kairaouine-Moschee, die Medersa-el Attarine Koranschule uvm. Nach vier Stunden haben wir einen ersten Eindruck von der Stadt erhalten, Geld gewechselt und uns Tücher für die Wüste gekauft.


Blick in eine Gasse
 


Ziegenkäse
Hinten im Bild: Säcke mit Schnecken; Mitte: Johannisbrot
Frischer Fisch
Esel zu vermieten!

Besuch im Gerber-Viertel

Im Hauseingang steht ein alter Mann und reicht uns ein Büschel Minze, dann gehen wir eine Treppe hinauf und blicken von der Terrasse auf den Innenfhof der Gerberei. Ich sehe viele kreisrunde Bottiche, die dicht nebeneinander stehen und Männer, die mit ihren nackten Füßen in der Brühe stehen und die Felle kneten. Die Minze brauche ich nicht. Es stinkt fast gar nicht mehr, da nicht mehr mit Amoniak gearbeitet wird.
Ein netter Angestellter der Gerberei erklärt uns alles auf deutsch. Er kommt eigentlich aus Offenbach, muss aber pro Jahr ca 4 Wochen in der Gerberei Genossenschaft arbeiten. Es werden nur noch Fertigprodukte verkauft, da sie bereits schlechte Erfahrungen mit Zwischenhändlern gesammelt haben. Diese Genossenschaft arbeitet noch mit zwei weiteren Gerbereien in Indien und der Türkei zusammen. In Indien würde man Leder herstellen können, dass sich wie Seide anfühlt.

Die Felle werden morgens frisch aus dem Schlachthaus besorgt. Anschließend werden die Felle mit einem Messer enthaart, danach kommen sie in ein Gemisch aus Wasser, Kalk und Taubenmist. Nach einigen Wochen kann das Leder dann gefärbt werden. In dieser Gerberei werden angeblich nur noch natürliche Farbstoffe wie Klatschmohn, Indigo oder Safran verwendet. Die Männer reiben daher ihre Beine zum Schutz nur mit Argan- oder Olivenöl ein. Jeder ist für seine Farbe zuständig. Gewechselt wird nicht. Die Gerberei steht bereits unter Denkmalschutz (Weltkulturerbe) und darf nicht groß verändert werden. Lediglich die Fließen am Boden der Bottiche müssen von Zeit zu Zeit erneuert werden, da sie mit der Zeit wasserdurchlässig werden.

Auf einem Hausdach neben den braunen Lehmtöpfen liegen auf Stroh gelbe Ziegenfelle. Diese werden per Hand mit Safran gefärbt, da dieses Gewürz sehr teuer ist. Alte und erfahrene Männer prüfen anschließend die Qualität der gelben Felle.

Eine Etage tiefer wurde uns dann mittels der Brennprobe erklärt, wie man echtes Leder vom unechten Leder unterscheiden kann. Dafür ging er mit einem Feuerzeug zu den Lederjacken und hielt das Feuerzeug an die Jacken. "Seht ihr, die brennen nicht", freute er sich. Schlechtes Leder wird übrigens auch brüchig und chemisch gegerbtes Leder erkennt man auch gut daran, dass bei Feuchtigkeit die Salzkristalle weiße Schlieren hinterlassen.

Die Farbe aus den braunen Töpfen wird anschließend in den gleichfarbigen Fluss Fès geleitet. Die weiß-bläuliche Brühe muss gesondert auf ein extra dafür angemietetes Feld vor den Toren der Stadt gebracht werden.





Taschen, Taschen, Taschen :) :) :)

Die Fès (Fluss)

Kairaouine-Moschee

Diese Moschee ist das wichtigste Gebäude der Stadt und wurde im 9. Jahrhundert erbaut. Sie ist die zweitgrößte Moschee Marokkos und ist ebenfalls eine Universität. In ihr können bis zu 20.000 Menschen gleichzeitig beten. Nicht-Muslimen ist der Zutritt verboten. Sie können nur einen Blick durch eins der 14 Tore werfen. Ich hatte Glück, da Hassan meine Kamera einem Herrn aus der Moschee gab und dieser machte für mich einige Fotos.






Fazit

Nach dieser langen Stadttour mussten wir uns ersteinmal ausruhen und haben den Nachmittag und Abend in unserem Riad verbracht. Als wir in Fès waren, fand gerade das Festival der sakralen Musik statt und von unserer Terrasse aus war es wunderbar zu hören. Die Stadt ist besonders wegen ihrer alten, zum Teil 1000 Jahre alten Bausubstanz, sehenswert. Die Medina ist kaum mit Kraftfahrzeugen befahrbar. Eine Stadtführung lohnt sich in jedem Fall.

Am besten die Mittagshitze verschlafen - wie diese kleine Katze

Als wir abends gemütlich unseren Minztee schlürften, ahnten wir noch nicht, welche Gefahren am nächsten Tag im Atlas-Gebirge auf uns warten würden. 

Teil 2 folgt ...

Unsere Reise haben wir nach Recherche im Internet über Marokko erleben gebucht.

12 Kommentare:

  1. Wow, was für ein toller Bericht, liebe Myri! Nach Marokko möchte ich schon so lange reisen und du hast meine Reiselust nochmal extra geweckt :-). Was mich noch interessieren würde: Wofür werden denn die vielen Schnecken verwendet? Lg Jana

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    1. Grins :) Dann warte erstmal den Reisebericht über unser Wüstentrekking ab. Das wird noch viel viel besser. Fès ist ja nur zum "warm werden" :)

      Zu deiner Frage:

      Aus den Schnecken kochen die Marokkaner eine Suppe, dessen Sud dann weiterverarbeitet wird. Die Schnecken an sich schmecken nicht so gut, aber der Sud davon soll sehr lecker sein. Marokko ist durch die Kolonialzeit etwas französisch angehaucht - vermutlich daher auch die Schnecken. ;) Eigentlich spricht jeder Marokkaner auch perfekt französisch.

      Als wir dort waren wurden schon Vorbereitungen für den Ramadan getroffen - Berge von Süßgebäck wurde vorbestellt und wartete in den Läden in 10 L Eimern auf die Abholung. Aber das Prozedere kennst du aus Istanbul bestimmt auch sehr gut.

      LG Myri

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  2. Liebe Myriam,
    Vielen Dank für diesen tollen Marokko-Bericht, wunderschöne Bilder !!! Bin schon auf den zweiten Teil gespannt...

    Wünsche dir ein schönes Wochenende
    und liebe Grüße
    Petra

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    1. Ebenfalls: Vielen Dank! :) Ich versuche die anderen Teile wöchentlich online zu stellen. Sonntags klappt es nicht immer, da ich den gesamten Juli über für die Uni lernen muss.

      Liebe Grüße Myri

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  3. Hallo Myriam,
    ein wunderbarer Bericht und tolle Bilder, die Lust machen sofort wieder nach Marokko zurückzukehren. In Fès war ich ja noch nicht, das ist sicher eine weitere Reise wert. Ich freue mich schon auf die nächsten Berichte.
    Einen ganz lieben Gruß
    Mischa

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    1. Vielen Dank. Ich freue mich sehr, dass dir meine Berichte gefallen. Vorallem, weil du ein Profi, was das Schreiben von Reiseberichte angeht, bist.
      Fès ist meinerseits sehenswerter als Marrakesch. Fès bekommt einen riesigen Pluspunkt, weil man in der Medina nicht mit Auto oder Moped fahren kann. Und der Ausblick auf die Altstadt ist so viel schöner als die von Marrakesch. Aber wenn ich noch mal nach Marokko fliegen sollte, dann will ich mehr Zeit in der Sahara verbringen. Ich glaub, mich hat das "Wüstenfieber" gepackt. :) Aber das erfährst du noch viel ausführlicher im dritten Teil. :)

      Liebe Grüße Myri

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  4. Hallo, ich habe deinen zweiten Teil bereits gelesen, hat mir sehr gut gefallen. Estland ist ein spannendes Land. Es kommt auf alle Fälle auf meine "to do - Liste" neben Bhutan, China, Russland und Australien.

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  5. Super text & tolle Bilder Myriam! danke dafür, dass du die richtigen Worte findest & diese mit uns teilst :) ich bin ein Fan von dir geworden.. In Fes ist Sitz einer der ältesten islamischen Universitäten weltweit.

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  6. Super text und tolle Bildern .
    Du hast meine Heimatstadt fes sehr gut beschrieben jetzt habe ich auch Heimweh.
    Myriam darf ich Sie was fragen.
    Mit freundlichen grüßen imad

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  7. Was soll ich sagen? Ich bin begeistert! Du hast die Stimmung toll eingefangen – ich könnte sofort die Koffer packen

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    1. Hi Dennis,

      dank deines Kommentars habe ich meinen Beitrag gerade noch einmal gelesen und mich wieder an unsere Reise erinnert. Ja es war super toll. :) Vorallem die versch. Unterkünfte sind toll. Ich kann jedem nur empfehlen in eimem Riad oder einer Kasbah zu schlafen.

      LG Myriam

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  8. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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