Sonntag, 26. März 2017

Gastbeitrag: Wie Leipziger Abiturienten für ihren Mitschüler kämpfen

"Es war ein Schock, als wir am Freitag vor den Winterferien in der Schule erfuhren, dass Luan abgeschoben werden soll. Es war uns einfach unbegreiflich und wir haben das absolut nicht kommen sehen. Luan, ein 18-Jähriger disziplinierter, fleißiger und höflicher Mensch, der seit 2 Jahren auf unsere Schule geht und durch viele Bemühungen binnen kurzer Zeit Deutsch gelernt hat," so beginnt Rojas Gastbeitrag über ihren Mitschüler Luan, der allein, ohne Eltern in den Kosovo abgeschoben werden soll. Da mich seine Geschichte sehr berührt hat, ohne ihn persönlich zu kennen, bat ich meine Freundin Roja für meinen Blog einen Gastbeitrag zu schreiben.






Vor zwei Jahren hat sich unser Arbeitskreis Flüchtlingshilfe an der Schule gegründet, in dem wir uns das Ziel gesetzt haben den Schülern, die Probleme mit der deutschen Sprache und dadurch Schwierigkeiten sich zu integrieren haben und im Unterricht mitzukommen, zu helfen. Damals kamen 5 Schüler neu in zu uns, unter ihnen Luan, und wir fingen an ihnen nach der Schule Nachhilfe zu geben und mit ihnen den Schulstoff nachzuholen. Das hat sehr  geholfen und nach einiger Zeit, konnten sie gut im Unterricht folgen, und wir standen ihnen  zur Hilfe, falls es Fragen gab. Einige von ihnen wechselten dann die Schule, weil sie eine Wohnung bekamen und umziehen mussten. Die übriggebliebenen hatten sich integriert und waren ein wichtiger Bestandteil ihrer Klasse geworden. Das hat uns sehr gefreut und wir hatten das Gefühl wirklich geholfen zu haben. 

Und jetzt zwei Jahre später sollen all diese Mühen für Luan umsonst gewesen sein? 

Seine Familie und er waren traurig und entsetzt, weil die Abschiebung so plötzlich anstand und vor allem, dass Luan allein zurück soll, da seine Eltern wegen ihrer Krankheit geduldet werden. Luan und seine Eltern sind damals nach Deutschland gekommen, weil seine Eltern sehr krank sind und sich die Medikamente nicht leisten konnten, die sie brauchen. In Deutschland konnten sie einfach besser versorgt werden. Sie kamen in eine Flüchtlingsunterkunft und danach in eine eigene Wohnung. Darüber wie Luan mit seiner Familie nach Deutschland kam, redet er nicht. Würde er aber tatsächlich wieder zurückmüssen, hätte er nichts. Kein Haus, keine Familie, keinen Job, keine Bildung, er wäre schlicht obdachlos.

Die Idee daraufhin eine Petition zu starten kam von Benjamin, einem Mitschüler der auch Teil des Arbeitskreises ist, und dem wir diese erfolgreiche Petition zu verdanken haben. Er erstellte online eine Petition die wir an Mitschüler, Lehrer, Freunde, Bekannte und auch nicht so Bekannte weiterleiteten. Wir teilten den Link auf Facebook, Instagram und sämtlichen anderen sozialen Netzwerken um die größtmögliche Masse an Menschen zu erreichen. Unser Ziel waren anfangs 400 Unterschriften, da das der Schüleranzahl unserer Schule entspricht. Weiter hatten wir vorher nicht gedacht und wir waren hoffnungsvoll, dass unsere ganze Schule hinter uns stehen würde. Mittlerweile sind es über 6300 Unterschriften, was eine überwältigende, unvorstellbare Zahl ist, die uns zeigt, dass so viele Menschen die Ungerechtigkeit erkennen und sich gegen sie positionieren. 

Innerhalb unserer Schule stand die große Mehrheit hinter uns, die half die Petition zu verbreiten. Dass es auch Menschen gibt, die unserer Petition kritisch gegenüberstehen war uns klar, doch bei diversen aufgekommenen Streitigkeiten schenkten wir denen keine Aufmerksamkeit, da sie dem eigentlichen Ziel im Weg stehen: Abschiebungsgesetze zu vermenschlichen und Luan hierbehalten können. 

Der momentane Stand der Dinge ist, dass wir einen Antrag bei der Härtefallkommission eingereicht haben, der noch bearbeitet wird und nun so versuchen, dass Luan hier bei seiner Familie bleiben kann. Diese Möglichkeit hat jeder, der wegen „dringenden humanitären oder persönlichen Gründen die weitere Anwesenheit im Bundesgebiet rechtfertigen kann“. Wir sind auf einem guten Weg unser Ziel zu erreichen, aber eine 100%ig sichere Chance ist es nicht.
Dass von mehreren Medien über Luan berichtet wurde, Til Schweiger den Link teilte und RTL an unserer Schule einen Bericht drehte, half uns eine Reichweite zu bekommen, die wir nie für möglich gehalten hätten. Wir bedanken uns bei allen Menschen, die uns und vor allem Luan mit ihrer Unterschrift unterstützt haben. 

Mit diesem Gastbeitrag will ich u.a. zeigen, dass hinter jedem Flüchtling ein Mensch mit einem Schicksal steckt und es nicht gerecht ist in Summe "nur" über "die Flüchtlinge" zu sprechen. Ich hoffe, dass Luan in Deutschland bleiben und in Leipzig sein Abitur ablegen kann.

2 Kommentare:

  1. Leider passiert das viel zu häufig, dass Menschen abgeschoben werden, die sich hier schon supergut integriert haben, die sich hier ein Leben aufgebaut haben, vielleicht sogar schon studiert und dann plötzlich aus diesem Leben gerissen werden sollen... Toller Artikel und super Aktion!
    LG Scarlet ( https://scarlettheredsite.wordpress.com )

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