Montag, 23. März 2020

[Teil 1] KW 13: Mein persönliches Tagebuch in Zeiten vom Corona-Virus und dem Shutdown unserer Wirtschaft

Als ich im Januar auf den Kanaren war, war das Corona-Virus in den deutschen Nachrichten nur eine kleine Randnotiz und etwas was ganz weit weg in der chinesischen Stadt Wuhan passiert. Ich spreche sicherlich nicht nur für mich, wenn ich sage, dass ich niemals mit dem weltweiten Ausbruch einer Pandemie in 2020 gerechnet habe. Morgens wenn ich wach werde, ist in den ersten paar Sekunden noch alles völlig normal und dann erinnere ich mich. Achja da war ja was.
Da uns das Corona-Virus gerade absolut im Griff hat und wir bereits jetzt von einem historischen Ausmaß sprechen können, werde ich auf meinem Blog ein Corona-Virus Tagebuch starten und regelmäßig berichten was mich bewegt und was ich so, meistens wohl Zuhause, erleben werde. Ich möchste es kurzweilig, ungezwungen, aber auch lustig und informativ halten.
 
Am place-to-be befestigte die Stadt Leipzig einen Aufruf  "Teilt Stories, nicht Corona!"


Da ich, als Reisebloggerin auch nicht unüblich am Weltgeschehen interessiert bin, verfolgte ich von Anfang an das Geschehen in der Welt und kritisiere ganz klar, dass unsere Bundesregierung zu spät eingegriffen hat. Eine Vielzahl von Ländern haben bereits vor Wochen Maßnahmen zur Eindämmung des Virus ergriffen, Landesgrenzen geschlossen und die Einreise von Rückkehrern überwacht. Alle Festlichkeiten rundum Karneval/Fasching hätten bereits abgesagt werden müssen. Wer mich kennt, weiß: Ich bleibe weiterhin kritisch und verfolge die nationale wie auch die internationale Nachrichtenlage. Außerdem werde ich mir weiterhin viele Expertenmeinungen von bspw. Virologen oder Wirtschaftsexperten anhören bzw. deren Publikationen lesen. Mir ist es extrem wichtig, viele unterschiedliche Meinungen zu kennen und mir mit Hilfe eigener Erfahrungen ein eigenes Bild von der Situation zu machen und diese differenziert zu betrachten. Weder absolute Panikmache noch eine extreme Verharmlosung hilft uns aktuell weiter.

Los geht's: Der Start meines Corona-Virus Tagebuch


neuster Eintrag steht ganz oben

KW 13
29. März 2020 - Am Wochende Zuhause bleiben

Am Samstag war richtig schönes Wetter in Leipzig. Aber ich hatte keine Lust rauszugehen und musste diesmal nicht einmal ein schlechtes Gewissen haben. Basti hat eine Fahrradtour unternommen und ich verbrachte 2 Stunden in der Badewanne. :) Abends waren wir noch schnell in unserem Aldi einkaufen. Ich finde die Regale sind bis auf wenige Ausnahmen voll. Letztes Mal war das Teeregal leer, es ist aber inzwischen wieder aufgefüllt. Das Toilettenpapier ist noch immer aus, da liegt jetzt Blumenerde. Diese habe ich gekauft, um unseren Balkon schön zu machen. Wo sonst die H-Milch steht, stapeln sich Balkonstühle. Ich finde diese Idee der Aldi-Mitarbeiter witzig. Einfach bei den ausverkauften Produkten Alternativen hinzustellen. 

Ansonsten beschäftige ich mich bereits - beruflich wie privat - damit, wie man diese Krise positiv nutzen kann. Was wird nun gebraucht und wie kann ich da helfen. Ich möchte in Zukunft mehr Wirtschaftsbeiträge schreiben, da mich dieses Thema sehr beschäftigt und es viel darüber zu schreiben gibt. Ich schreibe bspw. einen Gastbeitrag für die AutorInnenzeitschrift Federwelt und freue mich, wenn ich positive Impulse zum Thema Vertrieb geben kann.
Außerdem will ich, wie bereits andere Leipziger Blogger, einen Beitrag dazu verfassen, wer gerade in Leipzig liefert und wie ihr trotz Corona an leckeres Eis bspw. von Erikas Eisdiele oder an frische Blumen kommt.

Persönlich möchte ich mehr Zeit damit verbringen Englisch zu lernen, meine Wohnung aufzuräumen und den Balkon schön zu bepflanzen - wenn die Temperaturen wieder besser werden.

Mein Appell an euch: Überwindet eure Schockstarre und schaut was ihr machen könnt, wie ihr euer Business noch retten könnt. Wie könnt ihr andere Menschen helfen. Wer von euren Mitmenschen braucht mal einen Anruf. Denkt zum Beispiel an eure Freundinnen, die aktuell nur mit ihren kleinen Kindern zu Hause sitzen. Sie werden sich nun mehr über ein Erwachsenengespräch als jemals zu vor freuen. Ganz davon abgesehen von euren Eltern und Großeltern.

Bliebt gesund & seid freundlich zu einander!!



KW 13
26. März 2020 - Mein 4. Tag im Home Office

Aufstehen, PC anschalten, Kaffee aus der Küche holen, mit den Kollegen skypen. Anschließend bis ca. 12 Uhr arbeiten. Dann Duschen gehen und etwas essen. Anschließend geht es weiter bis 19/20 Uhr. Aktuell recherchiere ich viel wie man nun Vertriebsarbeit macht. Macht man Sie überhaupt noch? Aber so tragisch und sarkastisch es auch sein mag: Es gibt auch Gewinner in einer Krise. Es gibt Unternehmen, die haben nun mehr zu tun als vorher. Es gibt Unternehmen, die sind schon super digital aufgestellt und die bereits komplett produktiv vom Home Office aus agieren können. Es gibt Unternehmen, die blitzschnell umgeschwankt sind und nun u.a. Atemschutzmasken, Beatmungsgeräte oder Desinfektionsmittel produzieren. Es gibt Unternehmen, die koorperieren, wie Mc Donalds und Aldi. Es gibt Unternehmen, die gerade in eine Schockstarre verfallen und nicht weitermachen können. Es gibt Unternehmen, denen der Boden unter den Füßen weggerissen wurde und die nun nicht mehr produktiv tätig sein können. Vielen Unternehmen fehlen einfach die Möglichkeiten, Einnahmen zu generieren, da sie ihr Geschäft nicht öffnen dürfen. Die meisten Unternehmen hatten eine Pandemie nicht auf dem Schirm und haben nicht für diese Krise vorgesorgt. Freiberufler und Selbstständige hängen in der Luft. Es wurden Hilfen zugesichert - aber viel konkretes gibt es noch nicht. Nur Lippenbekenntnisse.

Ich stelle mir mittlerweile die Frage: Wo ziehen wir die Grenzen zwischen Sicherheit und Freiheit. Wie stark können unsere Freiheiten eigentlich noch eingeschränkt werden? Die Polizei hat die 5-Kilometer-Regel wieder zurückgenommen und Leipziger können sich in einem größeren Radius als 5km um die eigene Wohnung bewegen. Auf Facebook zanken sich wieder die Menschen. Wer #stayathome nicht zu 1000% gutheißt, soll sich bei bestimmten Personen selbst "entfreunden" posten einige Zeitgenossen. Mit Nazis und Menschen, die sich noch vor die Haustür trauen, möchten diese Personen wohl nichts mehr zu tun haben. Außenmaß, Rationalität und Abwägung sind nicht die Begriffe, die sie hören wollen. ANGST & PANIK soll man gefälligst haben und die Lage nicht herunterspielen. Damit ist jetzt Schluss, das hat man viel zu lange getan. Ach so, das habe ich jetzt wieder gesagt. Ich frage mich immer wieder: Warum haben Bundesregierung, Presse, RKI, Virologen den Ernst der Lage nicht schon eher erkannt? Warum waren die Deutschen zuerst total unberührt von dem Corona-Virus und waren rasten jetzt alle aus? Bin ich die einzige, die die nächste Gefahr auf uns zurollen sieht? Die Wirtschaft geht gerade massiv krachen und die meisten denken, sie müssen es so hinnehmen. ... Mir fehlen die Worte, ich habe Kopfschmerzen.

Spaziergang in Leipzig im Palmgarten
Kurzer Spazierung im Leipziger Palmgarten
Auch am 4. Tag im Home Office habe ich nicht den Weg zum Kleiderschrank gefunden, um mir eine Bluse und eine Stoffhose anzuziehen. Dass ich aus technischen Gründen noch nicht telefonieren kann, macht mich zunehmend aggressiv, da es mich um Tage zurückwirft und ich gefühlt nichts schaffe. E-Mail oder Social-Media-Akquise sind zu langsam. Es gibt kaum Rückmeldung. Außerdem hing heute der Haussegen schief: Basti hatte Spätschicht im Home Office bis 23 Uhr und wollte länger schlafen als ich. Ich stand aber um 7.30 Uhr auf und hatte einige Skype-Calls, wodurch er wach wurde. Außerdem hört er meine Tastatur. Ich sitze am Esstisch neben der Tür zum Schlafzimmer. Zum Glück hat er keine Nachtschicht in den nächsten Tagen. Sonst wäre es richtig schwierig. Ich kann auch nicht in die Küche gehen, da ich einen Stand-PC habe und dieser nicht WLAN-fähig ist. Also ist die räumliche Situation mit 2 Personen, die unterschiedliche Schichten haben, schon anstrengend und es zehrt an den Nerven.

Ich zwar schon 2 Mal einkaufen. Einmal beim Rewe am Felsenkeller und ein anderes Mal bei unserem Aldi in der Nonnenstraße. Beim Rewe ist fast alles wie immer. Abstandsmarkierungen am Boden und ein leergefegtes Toilettenpapier-Regal. Die Kassiererinnen waren sichtlich erschöpft, aber sehr freundlich. Beim Aldi steht ein Mann am Eingang und bittet, dass sich jeder einen Einkaufskorb nimmt und allein den Supermarkt betritt. Es gibt Einweghandschuhe, die Einkaufswagen benötigen keinen Münzeinwurft mehr, an den Kassen trennen uns Plexiglaschscheiben von den Kassierern. Wo sonst immer das Toilettenpapier liegt, ist nun Blumenerde bis an die Decke gestapelt. Ich habe einen Sack mitgenommen. Brauchte ich sowieso

Mein Highlight des Tages:
Ich war heute eine Stunde im Park spazieren. Bin über die Sachsenbrücke gelaufen. Es waren einige Menschen unterwegs. Der geforderte Mindestabstand von 1,5 Metern konnte aber locker eingehalten werden. Auch waren die meisten allein unterwegs. Maximal noch mit einer 2. Person. Da meine Freundin gerade in Quarantäne ist, (sie ist nicht infiziert) habe ich mich vor ihrem Haus aufgestellt und sie winkte mir aus dem 2. Stock vom Balkon zu. Wir haben dann noch kurz telefoniert und anschließend bin ich wieder nach Hause gegangen. Es war toll sich wenigstens einmal aus der Ferne zu sehen. Ihr Balkon liegt ideal, sodass sie keinen Kontakt zu anderen Wohneinheiten haben kann. Noch hat sie keine Langeweile, sondern weiß sich zu beschäftigen. Essen hat sie auch noch genug.

KW 13
23. März 2020 - Mein 1. Tag im Home Office

Der Wecker klingelt um 8.15 Uhr. Ich stehe auf, putze mir die Zähne und nehme mir einen Kaffeebecher aus dem Kühlschrank. Der letzte wohlgemerkt. Mein Blick fällt auf die kaputte Kaffeemaschine. Mist, ich wollte doch eine neue kaufen  - bereits vor Wochen. Bekomme ich jetzt noch irgendwo eine Kaffeemaschine her? Wie lange dauert es zurzeit, wenn ich eine online bestelle?
Ich setze mich an meinen Arbeits-PC, den wir am Freitag noch aus dem Büro geholt haben und skype mit den Kollegen. Dann arbeite ich meine Aufgaben ab, als würde ich adrett gekleidet im Großraumbüro am Leipziger Markt sitzen und nicht mit Jogginghose und löchrigem T-Shirt am PC. Die Technik läuft stabil und ich bin froh, dass die Admins die VPN-Zugänge so schnell für alle installieren konnten.

Viele Unternehmen habe ihre Angestellte ins Home Office geschickt. Die neue Chance für New Work Ansätze?

Wie in den letzten Tagen ist es in unserer Straße sehr ruhig. Ein paar Passanten laufen vorbei - mit und ohne Atemschutzmasken. Mittags mache ich, wie im Büro, eine Stunde Pause. Ich stehe vor der Wahl: Nudeln mit Tomatensoße oder Kartoffeln und entscheide mich für die Kartoffeln, weil die nicht mehr so frisch aussehen. Während ich esse, schaue ich mir auf YouTube die Pressekonferenz des Robert-Koch-Instituts an. Neben den aktuellen Fallzahlen höre ich auch zum ersten Mal folgende Angaben: Das Durchschnittsalter der Erkrankten liegt bei 45 Jahren und das Durchschnittsalter der Verstorbenen liegt bei 82 Jahren. 

Seit Mitternacht gibt es bundesweit eine Allgemeinverfügung mit Maßnahmen zu Ausgangsbeschränkungen. Das Verlassen der häuslichen Unterkunft ohne trifftigen Grund ist untersagt. Freunde im Café treffen, ist aber schon seit einigen Tagen nicht mehr möglich, da diese geschlossen sind. Der Weg u.a. zur Arbeit, zum Einkaufen und Bewegung an der frischen Luft ist aber weiterhin erlaubt. Außerdem ist die Anzahl der Personen, mit denen man zusammen in die Öffentlichkeit darf, begrenzt worden. Weiterhin ist ein Abstand von 1,5 Metern zu anderen Menschen einzuhalten. Mit den aktuellen Beschränkungen kann ich mich arrangieren. In anderen Ländern sind die Beschränkungen wesentlich drastischer. Was nicht bedeutet, dass unsere Regeln in Deutschland nicht noch einmal verschärft werden können. Trotzdem sehe ich jetzt bereits die Einschränkungen unserer Bewegungsfreiheit als Eingriff in unsere durchs Grundgesetz festgelegten Gesetze und Freiheiten. Mir ist bewusst, dass aktuell die Eindämmung der Pandemie, der Schutz der Risikogruppen und die Erhöhung der Kapazitäten in den medizinischen Einrichtungen die höchste Priorität hat, trotzdem beunruhigt es mich etwas, dass so viele Menschen in Panik verfallen und nur noch den Sicherheitsgedanken, aber nicht mehr den Freiheitsgedanken im Kopf haben. Das erinnert mich ein bisschen an die Zeit nach den Anschlägen vom 11. September 2001. 


Die Einkaufsmeilen sind wie ausgestorben. Die meisten Geschäfte mussten schließen.

Außerdem kam es in den letzten Tagen zu einem fast völligen Shutdown der westlichen Wirtschaft. Der deutsche Staat hat zwar umfangreiche Sofortmaßnahmen und Hilfepakete in Aussicht gestellt, aber die Wirtschaft wird derzeit in eine tiefe Rezession gestürzt. Die Folgen sind jetzt noch nicht absehbar, da wir nicht wissen wie lange die Unternehmen noch zwangspausieren müssen. Überall starten Unternehmer und Freiberufler Kampagnen, um Unterstützung zu bekommen. Stellvertretend möchte ich an dieser Stelle auf die Crowdfunding-Kampagne auf Startnext von Leipziger Café-Besitzer verweisen. Mit dem Slogan WirGemeinsam haben sich mehrere Cafés in der Messestadt zusammengeschlossen und diese Aktion ins Leben gerufen. Coffeelover können hier Gutscheine ordern, die bis zum Einlösen die Existenz der kleinen Betriebe sichert.

Ich will aber auch nicht verschweigen, dass ich durchaus positive Entwicklungen in der Gesellschaft wahrnehme. Die Solidarität und Rücksichtsnahme steigt. Jedenfalls beobachte ich das in meinem Leipziger Stadtteil Plagwitz. Die Menschen halten Abstand, vernetzen sich zu kreativen Lieferdienstlösungen oder helfen einander. Dass weite Teile der Arbeitnehmer im Home Office sitzen und u.a. selbst ihre Kinder betreuen, kann die Idee der "New Work"-Philosophie stärken. ArbeitnehmerInnen können zurzeit flexibler und eigenverantwortlich arbeiten.


Bewegung an der frischen Luft ist trotz Ausgangsbeschränkung erlaubt.

Meine Stimmung am heutigen Tag: 
Ich sehe den Shutdown der Wirtschaft als größeres Problem an als den Virus an sich. Aber ich sehe durch diese Krise, die historisches Ausmaß angenommen hat, auch ein Licht am Ende des Tunnels. Wir können durch die neuen Anforderungen an unser Leben auch für uns neue Lebensqualitäten schaffen. Die Natur erholt sich gerade ein bisschen. ABER: Die Gesellschaft kann das eigene Arbeitsleben nur verbessen, wenn es das in ein paar Wochen noch gibt.

Statistik (Stand 21 Uhr):
Infizierte: 29,056 Menschen
Anstieg: 4,183 (16.81%)
Tote: 119 Menschen
Anstieg: 24 (25.26%)
Wieder gesund:  453 


Linktipp: https://www.reisen-fotografie.de/reisen-nach-corona-fiktion

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Mein Tagebuch wird fortgesetzt mit meinen Gedanken, Tipps für die Unterstützung von Unternehmen und Freiberuflern, Leseempfehlungen und ich schreib auch ein bisschen über meinen neuen Alltag im Home Office.

Gern könnt ihr mir in den Kommentaren Anregungen geben, worüber ihr mehr erfahren möchtet oder schreibt mir auch sehr gern was euch gerade bewegt oder was ihr aktuell so erlebt.

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