Mittwoch, 19. November 2014

Reisebericht: Les Catacombes de Paris - Unterhalb der "Stadt der Liebe" beginnt das Reich der Toten

Am Sonntag habe ich euch mit auf die höchste Aussichtsplattform des Eiffelturms genommen und von dort aus haben wir die schöne Aussicht, die bis zu 65 km ins Land führt, genossen - ungeachtet jeglicher Höhenangst. Für meinen heutigen Beitrag braucht ihr jedoch weitaus stärkere Nerven: Es geht ins Reich der Toten - genauer gesagt in die Katakomben unterhalb von Paris.






An jenem Novembermorgen zeigte sich die Sonne von ihrer besten Seite und wärmte uns, als wir über den Boulevard Arago bis zur grünen Eingangspforte der Katakomben flanierten. Es war eigentlich viel zu schönes Wetter, um 130 Treppen in die Tiefe hinabzusteigen. Vor dem Eingang bildete sich bereits eine lange Schlange von ca. 50 Menschen, die sich ebenfalls diesen grotesken Ort ansehen wollten. Vor uns stand ein amerikanisches Ehepaar mit großer Fotoausrüstung. Es dürfen aus Sicherheitsgründen nur maximal 200 Besucher gleichzeitig rein. Aber in der schönen Mittagssonne verflog, die eine Stunde, die wir warten mussten, im Nu.


Eingang zu den Katakomben

Als Katakomben werden die ehemaligen Steinbrüche, die die Kalksteine für den Pariser Stadt- und Brückenbau lieferten, bezeichnet. Die Stadt ist durchlöchert wie ein Schweizer Käse. Es entstand fast unter allen Pariser Stadtbezirken ein unterirdisches Stollennetz von ungefähr 330 km Länge. Ende des 18. Jahrhunderts brachen mehrere Straßenzüge mitsamt Gebäuden und Pferdefuhrwerken aufgrund der mangelnden Sicherung der Stollen ein. Danach beschloss man die Steinbrüche zu schließen. 


unterirdischer Gang in den Katakomben von Paris

Ungefähr zur gleichen Zeit hatten die Pariser ein weiteres großes Problem: Die Friedhöfe waren überfüllt. Die Ruhefristen für die Toten wurden drastisch verkürzt und halb verweste Leichen ausgegraben, um Platz für neue schaffen zu können. Die hygienischen Zustände waren entsprechend dieser Praxis auf dem Tiefpunkt angelangt und der Gestank unerträglich. Und so wurde verfügt, dass mehrere Pariser Friedhöfe exhumiert und die Gebeine in die unterirdischen Gänge überführt werden sollten. Um die Bevölkerung nicht zu erschrecken, geschah dies nachts im Beisein eines Geistlichen. Zunächst warfen die Totengräber die Gebeine wahllos in die Tiefe, später jedoch begannen sie die Gebeine ordentlich und zu Mosaiken geformt zu stapeln. Fast schon preußisch pedantisch wurden die Beinknochen vorn in einer Linie abschließend aufgeschichtet, durchzogen von Schädeln, die entweder gerade oder in Bögen angeordnet wurden. Fast schon am Ende des unterirdischen Friedhofes findet man eine große Rotunde mit Knochen und Schädeln. Eher skurill als "formschön".


La forteresse de Port-Mahon, sculpture de Décure


Die Herkunft der Toten ist durch Gedenktafeln gekennzeichnet. Auf ihnen ist der Herkunftsfriedhof und das Datum, an dem sie "umgebettet" wurden, vermerkt.




Heute befinden sich in den Katakomben neben den ca. 7 Millionen Leichen auch Versorgungsleitungen für Wasser und Strom, Metrokanäle sowie der Goldschatz der französischen Nationalbank.

Entgegen meiner Befürchtung ist es dort unten nicht gruselig. Die Gänge sind zwar eng, aber gut ausgeleuchtet. Die Masse an Gebeinen kann einem schon etwas zusetzen, aber ist lange nicht so furchteinflößend wie der gleichnamige Kinofilm "Katakomben" von 2014. Link zum Trailer Das war der erste Kinostreifen, bei dem ich unter dem Vorwand, ich müsste dringend auf die Toilette, für einige Minuten rausgegangen bin, weil er einfach so gruselig ist. Aber die Katakomben-Gänge, die für Touristen zugänglich sind, sind nicht so schaurig, wie der im Film gezeigte Teil. Man kann sich auch nicht verlaufen, weil der Weg vorgegeben ist. Gänge, die nicht zu betreten sind, sind auch mit einem Gitter und einem Vorhängeschloss verriegelt.





Diese Fotos lassen die gewaltigen Ausmaße des größten Massengrabes der Welt gut erahnen.
Anfang der 90er Jahre soll einer Legende nach jemand einen Schädel durch einen Raum geworfen haben. Daraufhin soll angeblich blauer Nebel aufgestiegen sein. Vielleicht sitzen daher jetzt vereinzelt Aufsichtspersonen.

Die Katakomben sind keine klassische Touristenattraktion, wie etwa der Eiffelturm, Sacre Coeur oder das Louvre Museum und von daher nicht für jeden zu empfehlen. Trotzdem sind sie eng mit der Pariser Stadtgeschichte verwoben und auch durchaus sehenswert für Menschen, die sich sonst nicht dem "Totenkult" beschäftigen..


Im Vordergrund: Touristen - Im Hintergrund: Aufsichtsperson


Informationen für Touristen

Der Eintritt kostet 10 Euro, ermäßigt 8 Euro. 
Die Öffnungszeiten wurden verlängert und sind nun von 10-20 Uhr, letzter Einlass ist 19 Uhr.
Ort:  Métro Station: Denfert-Rochereau (M4, M6, RER B), dann die grüne Tür suchen.
Man läuft zunächst auf einer engen Wendeltreppe in die Tiefe, dann geht man ca 20 Minuten durch enge Tunnelwege, die kaum höher als 1,80m sind. Es tropft von der Decke und der Boden ist feucht, aber es ist nicht kalt. Hier sollte man nicht seine neusten Schuhe anziehen, da Boden weiße Spuren an den Schuhen hinterlässt. Nach einer Weile kommt man zu dem Teil mit den Gebeinen, dieser erstreckt sich auf einer Länge von ca 1 km. Fotos zu machen, ist ohne Blitzlicht erlaubt. Es gibt keine Toilette und Tiere sind verboten. Für Menschen mit gesundheitlichen Problemen und kleinen Kindern ist diese Tour nicht geeignet.
Es ist strengstens verboten die Knochen anzufassen oder gar mitzunehmen. Es gibt das Gerücht, dass die Knochen verflucht seien. Am Ende der Tour gibt es eine Taschenkontrolle. Jeder Diebstahl wird zur Anzeige gebracht. Am Ausgang gibt einen kleinen Souvenir Shop mit jeder Menge Grusel-Kram. Ich habe dort schöne Postkarten, 6 Stück für 5 Euro, gekauft. Natürlich nicht mit den Gebeinen, davon gibts aber auch welche. Webseite: Katakomben

Link zum 3. Reisebericht: Meine 7 Lieblingsorte in Paris

Wer von euch würde bei seinem nächsten Paris-Besuch auch in die Katakomben gehen oder wer von euch war schon einmal dort?


Souvenir-Shop am Ausgang der Katakomben




12 Kommentare:

  1. Liebe Myriam,

    das sind sehr beeindruckende Fotos! Ich habe es leider (!) noch nicht dorthin geschafft, weil wir entweder so viele andere Sachen auf dem Plan hatten oder es einfach viel zu voll war. Vielleicht wird es ja im Dezember was.

    Weißt Du oder hast Du mal mitbekommen, ob es sowas auch in anderen Städten gibt? Wenn ja, vermutlich nicht in dem Ausmaß wie in Paris...

    Liebe Grüße
    Sarah

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    1. Katakomben gibt es noch in anderen Städten Europas, beispielsweise in Rom, auf der griechischen Insel Milos, in Neapel und sogar ein Berliner Verein bietet Führungen durch die Berliner Unterwelt (Bunkeranlagen) an. Selbst in Köln - also direkt vor deiner Haustür- kann man durch unterirdische Gänge laufen. http://www.colonia-prima.de/koeln-unterirdisch/koeln-von-unten
      Die werden alle nicht die gleichen Ausmaße, wie die Pariser Katakomben haben, sind aber bestimmt auch sehenswert.
      Die lange Schlange vorm Eingang hat uns auch erst abgeschreckt, aber dann ging es doch recht zügig voran. Außerdem gibt es in der Nähe ein Café, dass Coffee to go anbietet, jedenfalls sind regelmäßig einige Leute aus der Schlange verschwunden und haben für ihre Begleiter Kaffee und belegte Brötchen geholt. :) Wenn du im Dezember da bist und es nicht so kalt ist, lohnt es sich auf alle Fälle eine Weile anzustehen. Ansonsten freue ich mich schon auf tolle Fotos vom schneebedeckten Paris. :)
      LG Myriam

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    2. Ja, Katakomben schon, aber nicht mit Knochen :-) Hier in Köln wurde das jedenfalls nicht gemacht ;-) Aber Bunkeranlagen in Berlin klingt auch interessant.

      Ich hoffe ja sehr, dass wir etwas Schnee haben, aber so wie es jetzt aussieht, wäre es vermutlich sogar für einen Glühwein vorm Eiffelturm zu warm. Ich will noch herausfinden (hatte bislang noch keine Zeit mich damit auseinander zu setzten), wo es schöne Weihnachtsmärkte gibt. Und die Galeries Lafayette muss auch sein :-)

      LG

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    3. Also in Rom wurden auf alle Fälle auch die Toten dort unten beigesetzt, ob die nun auch so ordentlich gestapelt wurden, wie in Paris, weiß ich nicht. Aber ich wollte eh nächstes Jahr nach Rom - dann finde ich es heraus. :) Um Rom herum soll es ca 60 Katakombenanlagen geben, aber nur noch wenige sind zu besichtigen.
      Gruß Myriam

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    4. Da bin ich ja jetzt schon gespannt auf Deinen Bericht :-) Rom steht auch noch auf meiner "will ich sehen"-Liste, aber erstmal kommt Paris und dann im Mai Stockholm.

      LG u. eine schönes Wochenende!

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  2. Unfassbare Bilder! Wenn ich es endlich mal schaffe nach Paris zu kommen, ist das auf jeden Fall ein Must-Do für mich! Allein der Abstieg hört sich schon gruselig an... Danke für Deinen ausführlichen, tollen Bericht!
    Liebe Grüße
    Flo von Mitternachtsreisen

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    1. Hallo Florian,
      es freut mich, dass dir mein Bericht gefällt. Ich hatte zuerst Befürchtungen, dass einige Leser diese Bilder schockierend und zu pietätlos finden würden. Aber tatsächlich wollen sich einige meiner Freunde beim nächsten Paris Aufenthalt die Katakomben ansehen. Am Sonntag stelle ich einen 3. Reisebericht über Paris online, da gehts um andere Sehenswürdigkeiten und um Tipps, wie man in der teuersten Stadt nicht ganz mit leeren Taschen nach Hause kommt.
      LG Myriam

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  3. Iiiihh, das ist ja super gruselig! Davon habe ich wirklich noch nie etwas gehört - vielleicht wage ich mich bei meinem nächsten Paris-Besuch einmal dort hin.
    Liebe Grüße aus Stuttgart

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  4. Ich wollte da gerne rein, habe es aber leider nie geschafft.
    Daher beneide ich dich auch ein wenig, dass Du da drin warst… :D

    Muss ich wohl doch noch mal nach Paris.

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  5. Eklig....aber....cooool!
    Ich wusste gar nicht, dass es Orte wie diese gibt. Wundervolle Bilder :)
    Da möchte man doch mal eine Vollmondnacht verbringen, oder Halloween hrhr

    LG
    Yasmin

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  6. Sollte ich es einmal bis nach Paris schaffen, dann muss ich unbedingt in die Katakomben. Bisher habe ich Paris noch nie in meinen Reisepläne einbezogen, deine Bilder machen mich aber unglaublich neugierig.

    liebe Grüße aus Halle
    Katrin

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