Sonntag, 27. November 2016

Tagesausflug ab Dublin: Malahide Schloss und Gärten

"Willst du immer weiter schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah.", das wusste schon der alte Goethe und daher gings für mich an diesem Wochenende auch nicht weit weg, sondern ich habe mir das Malahide Castle nördlich von Dublin angeschaut. Mit dem DART (Zug) erreicht man das kleine verschlafene Örtchen Malahide binnen einer halber Stunde. Und verlaufen kann man sich auch nicht, man muss einfach nur den Wegweisern folgen.

Malahide Castle



Das habe ich dann auch gemacht und landete auf einem Parkplatz. Spaß beiseite. Um zum Schloss zu gelangen, muss man eine ganze Weile durch den 115 Hektar großen Wald laufen. Auf dem Weg zum Schloss sieht man auf der linken Seite zuerst die alte Klosterruine. 

Malahide Kloster Ruine

In Irland ist es üblich, dass man ein Schloss nur im Rahmen einer Gruppenführung besichtigen kann. Ich hatte darüber bereits in meinem Beitrag über unser Wochenende in Killarney geschrieben. Dort hatten wir das Ross Castle besichtigt. Wer meinen Blog schon etwas länger liest, weiß, dass ich geführte Touren hasse, nun hasse ist doch zu harsch formuliert, ich kann es einfach nicht so genießen. Ja, das trifft es besser. 

Ich kaufte also eine Eintrittskarte im Visitor Centre und bekam den Studentenrabatt ohne meinen Ausweis zu zeigen. Das mag ich an Irland (in Island ist uns das auch aufgefallen), die Leute vertrauen einem hier irgendwie mehr als in Deutschland. In Deutschland hätte man ganz genau darauf geachtet, dass der Studentenausweis auch ja noch gültig ist.

Man kann sich im Schloss wieder kostenlos einen Audio Guide ausleihen, aber gelohnt hat es wirklich nicht, da man den Tour Guide auch wunderbar auf Englisch verstehen kann, wenn man ein bisschen geübt im Dubliner Dialekt ist. 



Als erstes betraten wir einen mittelalterlichen Raum. Im Mittelalter verbrachte dort die Familie ihren gesamten Tag. Heutzutage ist es für uns nicht mehr vorstellbar wie man in so einem dunklen Raum den ganzen Tag verbringen kann. Ich würde da nach einer Woche Depressionen bekommen. Nichtsdestotrotz ist der Raum wunderschön dekoriert gewesen und die Holzvertäfelung sah sehr edel aus. Unser Tour Guide ließ es sich auch nicht nehmen uns Gespenstergeschichten zu erzählen. Insgesamt sollen 5 Geister im Schloss leben bzw. umherschweben. Ich glaub fast, dass erzählen die Tour Guides immer nur wenn Gäste aus den USA mit dabei sind. Ich glaub, die stehen besonders auf diese "haunted castles". Aber ihr wisst ja bereits vom letzten Reisebericht durch das Celtic Boyne Valley, dass die 80/20-Regel besonders auf geführte Touren zutrifft. 80% Wahrheit und 20% hinzugesponnen.  


Eichensaal


Anschließend machten wir einen gewaltigen Spung in der Zeit und kamen im 19. Jahrhundert an. Wir besichtigten zwei Drawing Rooms (Gesellschaftszimmer) und diese waren richtig schön eingerichtet und vorallem so liebevoll weihnachtlich dekoriert. Das muss ich echt sagen, die Iren haben ein Händchen für Weihnachtsdeko. Jedenfalls um zurück zum Schloss zu kommen: Es erinnerte mich von innen so stark an meine Lieblingsserie Downton Abbey. Die Serie wurde im Highclere Castle, nähe London gedreht.  Da ich hier gerade die letzte Staffel auf Englisch geschaut habe, konnte ich mir sehr gut vorstellen, wie die Talbots, die im Schloss fast 800 Jahre lebten, dort nach dem Dinner ihren Abend haben ausklingen lassen. Die Herren hatten ihren eigenen kleinen Salon, den sie abschließen konnten, sodass die Damenwelt draußen bleiben musste. Aber besonders spannend kann die Konversation nicht gewesen sein, da sich laut unserem Tour Guide die Gepräche ums Wetter, den vergangenen Tag und ums Dinner gedreht haben sollen. 


Drawing Room - Kleiner Salon für die Männer


Also gingen wir lieber schnell weiter ins nächste Zimmer. Der zweite Salon war wesentlich größer und bietete bestimmt Platz für 20 oder mehr Personen. Die Talbot Familie hat im Schloss noch bis in die 1970er Jahre gelebt, ich kann mir aber nicht vorstellen, dass sie noch mit diesen Möbeln gewohnt haben. Das Sofa sah so mega unbequem aus. Und vorallem konnte man damals nicht mit seinem Freund/Ehemann kuscheln. Undenkbar! Selbst wenn nur die Gespräche drohten abzudriften, wurde man separiert und musste sich weiter auseinander setzen.

Ich glaube, ich hätte immer am Tisch gleich neben dem Kamin gesessen und Karten gespielt. Aber als Frau durfte man nicht zu dicht am Kamin sitzen, da das Make up früher aus Wachs war und drohte aus dem Gesicht zu fließen, wenn es zu warm wurde. Daher soll übrigens auch der Spruch "das Gesicht verlieren" (lose one's face) kommen. Ich hoffe mal, dass das zu den 80% zählt und nicht erfunden ist. 

Großer Salon

Großer Salon


Schließlich wurde es Zeit durchs Treppenhaus in die Schlafräume der Herrschaft zu gehen. Ehrlich gesagt, glaub ich, dass ich in meinem IKEA Bett besser schlafe als in diesen Plüsch-Baldachin-Betten. Die Kinderspielsachen haben mich fasziniert. Besonders das Schaukelpferd und das Puppenhaus. Leider konnten wir nicht die Räume der Angestellten und die Küche sehen. Mich hätte auch brennend interessiert, wie Leute "meines Standes" zu dieser gelebt haben.

Zum Abschluss ging es nur noch in den Großen Saal wo bis zu 18 Leute am großen Tisch Platz hatten. Auch trotz der schönen Weihnachtsdekoration sah der Raum nicht besonders einladend aus. Überall hingen schwere, düstere Gemälde an der Decke und ich fühlte mich etwas beobachtet. Sollte das mit den Geistern doch stimmen? 




Hätte ich noch mehr Zeit gehabt, hätte ich mir noch die wunderschönen Gärten angeschaut. Lord Milo Talbot ließ den botanischen Garten, nachdem er den Besitz 1948 von seinem Cousin geerbt hatte, errichten. Er war besonders interessiert an der Flora der südlichen Hemisphäre. Daher beherbergt der Botanische Garten eine große Sammlung an australischen und chilenischen Gewächsen. Ich wollte unbedingt noch ans Meer, bevor die Sonne unterging, sodass ich die Gärten Ende November ausgelassen habe, weil ich annahm, dass jetzt eh nicht mehr so viel blüht und es sich daher nicht lohnt. Ich muss nochmal im Frühjahr wiederkommen. Die haben hier nämlich auch ein Händchen für Gärten. 
Schlafzimmer mit Kinderbettchen

Großer Saal

Das gute an Malahide ist, dass es so schön klein ist. Nach einem 10-minütigem Walk durchs Dorf stand ich bereits am Meer. Die Tourismusleute beschreiben Malahide als kleines, pitoreskes Dörfchen mit Charme. Nope. Es ist jetzt nicht hässlich, aber die aktuellen Plasikaufsteller und vollen Müllkorbe zerstören doch gewaltig das Flair. Aber ich wollte ja sowieso ans Meer, bzw. an die Bucht. Man kann kilometerlang am Wasser entlang spazieren gehen. Besonders für Hundehalter ist das ein schönes Auslaufgebiet für den vierbeinigen Freund. Es wurde immer und immer dunker, ich schoss ein paar Fotos vom Wasser, ritzte eine Botschaft für meinen Freund in den Sand und ließ mich mit dem Wind und Milow-Lieder im Ohr dahin treiben.

Malahide Beach


Um nach Malahide zu kommen, kannst du den Dart im City Centre ab den Stationen Connolly, Tara Street oder Pearse in Richtung Malahide nehmen. Du brauchst ungefähr 30 Minuten und bezahlst mit der Leap Card so um die 2,50 EUR. Es lohnt sich bereits am Vormittag anzureisen, da man mit Visitor Center, Schloss, Gärten, Village und Stand ein volles Programm hat. Der Eintritt ins Schloss kostet für Erwachsene 12 EUR, Studenten und Schüler zahlen 8,50 EUR, Kinder 6 EUR. Familientickets gibts für 30 EUR (Stand November 2016). Im Visitor Center gibts einen AVOCA Souvenir Shop, der auch ein Café beeinhaltet. Ihr könnt natürlich dort lunchen, aber ich empfehle noch immer die Wraps ausm Aldi für 1,29 EUR als Lunch. Insgesamt kann man in Malhide einen schönen und günstigen Tag verbringen, ohne zu denken, dass man als Tourist ausgeraubt wurde. Das Schloss von außen zu fotografieren und durch die Wälder zu laufen, ist kostenfrei. 
Weihnachtsdekoration im Souvenirshop

PS: Ich habe jetzt mal die 800 jährige Geschichte der Talbot Familie ausgelassen, lasst es mich wissen, wenn Gesichtsleistungskurs-Leute meinen Blog lesen, dann schreibe ich für euch noch einen extra fetten Geschichtspost. Vielleicht über das 100. Jubiläum des Osteraufstandes 1916?

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